Bei meinem ersten Sohn verlief die zweisprachige Erziehung wie aus dem Lehrbuch. Ich habe von Anfang an konsequent Deutsch mit ihm gesprochen, mein Mann Englisch. Wir haben hier in England eine deutsche Spielgruppe besucht und sind mindestens dreimal pro Jahr nach Deutschland gefahren.
Heute spricht mein ältester Sohn Englisch wie ein Muttersprachler und fließend Deutsch mit leichtem Akzent. Er hat in der Secondary School eine fantastische Deutschlehrerin, die Grammatik, Lesen und Schreiben weiter festigt.
Bei meinem zweiten Sohn sieben Jahre später wurde die zweisprachige Erziehung jedoch zur großen Herausforderung in unserer Familie.
Im Gegensatz zu seinem großen Bruder war er scheinbar nie groß daran interessiert, Deutsch zu sprechen. Er fand es weder besonders, noch nützlich und wehrte sich dagegen, auf Deutsch angesprochen zu werden. Statt zur deutschen Spielgruppe ging er viel lieber in eine englische Krippe und mit dem Schulstart im frühen Alter von 4 Jahren fand er Deutsch erst recht überflüssig. Irgendwann sagte er zu mir: “You know Mama, if you hadn’t been born in Germany, we would not have all these issues with me learning German.”
Mit ausgelöst wurde sein anhaltender Widerstand vielleicht dadurch, dass sein erster Besuch in Deutschland die Beerdigung des Großvaters war. Auch die nachfolgenden Deutschlandreisen erfolgten aus ähnlich traurigem Anlass. Wir hatten nun keine Verwandten in Deutschland mehr.
Gleichzeitig minimierten sich durch BREXIT unsere deutschen Kontakte hier in England, weil so viele befreundete Familien wegzogen. Und schließlich verhinderte COVID alle weiteren angedachten Urlaube in Deutschland. Nach monatelangem Homeoffice und Homeschooling dominierte die Familiensprache Englisch stärker als je zuvor unseren Alltag. Und ich war erschöpft, immer auf Deutsch dagegenzuhalten. Mein Sohn freute sich darüber.
Schließlich kamen wir zu dem Entschluss, dass man nichts Erzwingen kann und uns ein harmonisches Familienleben am wichtigsten ist. Wir schraubten unsere Erwartungen in Sachen natürliche Zweisprachigkeit herunter. Und anstatt nur zu vergleichen, was bei der bilingualen Erziehung des ersten Kindes alles so wunderbar gelaufen war und beim zweiten irgendqwie fehlte, richteten wir den Fokus nun mehr auf das, was schon da war.
Heute lernt unser Jüngster mit überraschend viel Freude Deutsch als Fremdsprache – langsam und stetig. Er genießt dabei den großen Vorteil, von klein auf viel mit der deutschen Sprache in Berührung gewesen zu sein. Er besucht Online-Gruppenkurse mit anderen Kindern, während wir zu Hause mit Videoreihen, Lernkarten und Büchern täglich nur ein paar wenige Minuten Deutsch einflechten. Mit dem sukzessiven und systematischen Aufbau seines deutschen Wortschatzes akzeptiert er nun auch immer mehr, dass ich zu Hause Deutsch spreche, so lange ich mich auf seinem aktuellen Sprachniveau bewege.
Jede Biografie ist anders, jedes Kind ist anders, jede Familiensituation ist anders
Hin und wieder wundern sich Leute, warum ich in der Öffentlichkeit mit meinem älteren Sohn Deutsch spreche und mit dem jüngeren Englisch, aber das ist jetzt Teil unserer deutsch-englischen Familiengeschichte. In den Medien wird oft vermittelt, dass mit Konsequenz jedes Kind wie von selbst zwei- oder mehrsprachig aufwachsen kann und wenn das nicht so ist, hat man wohl alles falsch gemacht.
Ich denke mittlerweile, jedes Kind ist anders und jede Biografie ist anders. Unsere Jungs sind im Abstand von sieben Jahren zwar in die gleiche Familie hineingeboren geworden, aber haben ein recht unterschiedliches äußeres Umfeld erlebt. Und auch ich hatte bei meinem ersten Kind so viel mehr deutschsprachige Unterstützung von außen als bei meinem zweiten. Während der Ältere zudem auf seine Zweisprachigkeit immer stolz war, ist der Jüngere mehr mathematisch-technisch orientiert und empfindet Sprache nur als Mittel zum Zweck. Kein Wunder eigentlich, dass ihr bilingualer Weg so unterschiedlich verläuft.
Deutschsalat ist ein passion project und wendet sich insbesondere an Kinder im Ausland, bei denen der rein natürliche Erwerb der deutschen Sprache nicht wir erhofft verläuft. Viele Wege führen zur Zwei- oder Mehrsprachigkeit und es ist nie zu spät, Versäumtes nachzuholen!
Wir präsentieren euch eine stetig wachsende, persönliche Auswahl an Videos, zweisprachigen Kinderbüchern, Online-Spielen und Apps, Hörstifte und Hörboxen und Lernmaterialien, die uns selbst gute Dienste leisten oder uns einfach empfehlenswert erscheinen. Die meisten von uns ausgewählten Angebote eignen sich insbesondere für Kinder mit noch geringen Deutschkenntnissen. Vielleicht ist ja etwas dabei, dass euch wie uns auf einen neuen Weg des Deutschlernens bringt?
Deutschsalat umfasst aber auch einige Hörbücher und Websites, die ein höheres Deutschniveau voraussetzen. Derzeit stellen wir zudem eine Auswahl für ältere Kids und Teenager zusammen, die wir in Kürze auf Deutschsalat veröffentlichen werden.
Und wir sammeln Adressen und Links zu professionellen Anlaufstellen im Ausland. Online-Gruppen und Deutsche Samstagsschulen im Ausland leisten hervorragende Arbeit, Kinder auf ihrem jeweiligen Sprachniveau abzuholen und ihnen die deutsche Sprache systematisch zu vermitteln. Für Kinder mit einem guten natürlichen Erwerb der deutschen Sprache sind diese Gruppen oft das Tor zu einem aktiveren Sprachgebrauch sowie zum Lesen und Schreiben auf Deutsch bis hin zu Prüfungen und Zertifikaten für Studium und Beruf. Kinder, die noch wenig Deutsch können, sind meist glücklicher in Gruppen, in denen Deutsch eher als Fremdsprache unterrichtet und zunächst einmal Wortschatz und Satzstrukturen aufgebaut werden.
Katrin