Deutsch als Zweitsprache

Deutsch als Muttersprache, Zweitsprache, Fremdsprache – oder von allem etwas?

One Parent, One Language wird in Wissenschaft und Medien häufig als die eine wahre Methode dargestellt, um Kinder zweisprachig zu erziehen. Viele glauben daher, dass Kinder nur dann erfolgreich zweisprachig werden, wenn jedes Elternteil konsequent in einer Sprache mit dem Kind spricht. Die zweite anerkannte Methode ist, wenn zwischen Familien- und Umgebungssprache klar unterschieden wird. Ein Beispiel dafür wäre die deutschsprechende Familie, die in England lebt. Zuhause sprechen die Kinder Deutsch, in Schule und Alltag Englisch.


Es gibt immer mehr als einen Weg

 Wenn One Parent, One Language oder die klare Unterscheidung zwischen Familien- und Umgebungssprache eurer Familiensituation gerecht wird, dann wird dies sicherlich zum Erfolg führen. Tatsache ist jedoch, dass es viele verschiedene Gründe geben kann, warum die Zwei- oder Mehrsprachigkeit auf anderen Wegen erreicht wird. Mal sind Elternteile selbst zwei- oder mehrsprachig, mal wachsen Kinder in vielen verschiedenen Ländern und damit mit wechselnden Umgebungssprachen auf. Mal gibt es emotionale Gründe, die ein Elternteil davon abhalten, konsequent bei der eigenen Muttersprache zu bleiben. Oder ein Elternteil ist für einen oder mehrere längere Zeiträume abwesend. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Kinder nicht genauso erfolgreich zwei- oder mehrsprachig werden können! Es heißt nur, dass diese Familien ihren eigenen Weg zur Mehrsprachigkeit finden müssen.

Schauen wir daher auf zwei weitere wissenschaftlich definierte Methoden des Sprachenlernens, die diesen individuellen Weg mit bereiten können.

Deutsch als Fremdsprache

Da ist zum einen der Erwerb von Deutsch als Fremdsprache (DaF). Man spricht generell von Deutsch als Fremdsprache, wenn Kinder im Ausland Deutsch lernen und zwar innerhalb eines gesteuerten Unterrichts. Wortschatz und Grammatik werden strukturiert vermittelt und aufgebaut und nicht natürlich als Muttersprache „aufgesogen“. Außerhalb des strukturierten Unterrichts haben diese Kinder normalerweise wenig bis keinen Kontakt mit der deutschen Sprache. Das trifft beispielsweise auf Kinder zu, die in der regulären Schule eine Fremdsprache lernen. Wenn jedoch Kinder mit deutschsprachigem Elternteil (oder anderer nahestehender Bezugsperson) im Ausland Deutsch lernen, etwa weil sie zunächst eine andere Muttersprache erworben haben, findet oft eine Kombination aus gesteuertem Unterricht und ungesteuertem zusätzlichem Deutschlernen zu Hause statt.

Deutsch als Zweitsprache

Deutsch als Zweitsprache (DaZ) hingegen umschreibt das ungesteuerte Deutschlernen in einem deutschsprachigen Land, also im täglichen deutschsprachigen sozialen Umfeld. Migrantenkinder in Deutschland lernen beispielsweise Deutsch als Zweitsprache. Es kann aber auch auf Expat-Kinder zutreffen, die hauptsächlich im mehrwöchigen Heimaturlaub oder für ein, zwei Jahre zwischen verschiedenen Auslandsentsendungen der Eltern Deutsch in einem deutschsprachigen Land lernen, zu Hause aber eine oder mehrere andere Sprachen sprechen, etwa weil die Eltern mehrsprachig sind.

Wer Deutsch als Zweitsprache lernt, tut dies meist auf Basis der bereits erlernten Muttersprache. Besonders deutlich wird dies bei der Aussprache, aber auch grammatische Strukturen werden oft übertragen und sind dann fehlerhaft. Ohne einen zusätzlichen, systematischen Deutschunterricht werden solche Fehler oft ein Leben lang beibehalten. Deutsch als Zweitsprache funktioniert daher bei Kleinkindern gut, die eine zweite Sprache noch unbewusster erwerben. Bei älteren Kindern und Erwachsenen ist jedoch ein zusätzlicher systematischer Unterricht empfehlenswert, um das Erlernte Deutsch zu untermauern.

Deutsch erwerben oder erlernen?

Ein weiterer Unterschied versteckt sich in den Begriffen des „Erlernens“ oder des „Erwerbens“ der deutschen Sprache. Der Begriff „Erwerben“ bezieht sich auf ein unbewusstes und ungesteuertes Lernen. Das Kind erwirbt die deutsche Sprache mehr oder weniger automatisch als Baby und Kleinkind. Der Begriff „Erlernen“ trifft mehr auf Deutsch als Fremdsprache zu. Die deutsche Sprache wird bewusst, gesteuert und aktiv gelernt. Dazu wird ein gewisser sprachlicher Entwicklungsstand vorausgesetzt, ohne den eine Fremdsprache nicht erlernt werden kann. Sprechen Kinder also bereits ihre Muttersprache oder dominiert die Umgebungssprache sehr stark, z.B. Englisch, wird das Deutsche anhand der vorhandenen Englischkenntnisse erlernt. Dann macht es Sinn, Unterschiede zwischen dem Englischen und dem Deutschen zu erklären, Sätze zu übersetzen oder auf ähnliche Wörter hinzuweisen und sprachliche Eselsbrücken zu bauen. Wort- und Lernspiele sind möglich und auch die Fähigkeit, bereits Lesen und Schreiben zu können, kann das Erlernen der deutschen Sprache erleichtern.

Deutsch im Ausland ist ein Marathon mit vielen Etappen

Mit Kindern im Ausland Deutsch zu lernen, ist ein Marathon über viele verschiedene Etappen, kein kurzer Sprint. Je nach Familien- und Lebenssituation können sich die äußeren Umstände schnell ändern. Darauf flexibel zu reagieren, unterschiedliche Methoden des Sprachenlernens zu kombinieren, verschiedene Sprachniveaus und Ziele je Sprache zu akzeptieren, und dem Ganzen stets mit Freude und Leichtigkeit zu begegnen, verspricht langfristig den größten Erfolg, Kinder mit zwei oder mehr Sprachen aufwachsen zu sehen.

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